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Chemisches Recycling von Kunststoffen gewinnt an Bedeutung

Kunststoff-Abfälle werden ganz neu
Chemisches Recycling gewinnt an Bedeutung

Abfälle aus Polystyrol, HDPE und sogar gemischte Kunststoffabfälle können kostengünstig in Ausgangsmaterialien umgewandelt werden, aus denen sich Kunststoffe in Neuware-Qualität herstellen lassen. Dafür gibt es eine wachsende Zahl von Beispielen.

» David Vink, Freier Fachjournalist in Mettmann

Sortenreine Kunststoffabfälle mechanisch so zu verwerten, dass daraus wieder gleichwertige Produkte werden, ist ohne zusätzlichen Aufwand schwierig und bei gemischten Kunststoffen kaum möglich. Chemisches Recycling gewinnt daher an Bedeutung.

Dabei entstehen „Sekundärrohstoffe“, die zur Herstellung von Kunststoffen in Neuware-Qualität dienen. Die Depolymerisation, also das Zerlegen der Polymerketten in ihre ursprünglichen Monomere, gelingt thermochemisch bei hohen Temperaturen und Druck in Abwesenheit von Sauerstoff, wobei Pyrolyse-Öle entstehen.

Das Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) in Aachen arbeitete schon in den 80er- und 90er-Jahren an der Herstellung von Synthesegas aus gemischtem Kunststoffabfall durch „degradative Extrusion“, anfangs zur Depolymerisation von Polymethylmethacrylat (PMMA). Von 2019 bis 2020 beteiligte sich das IKV zusammen mit dem Institut für Aufbereitung & Recycling (IAR) und Ineos Styrolution am Projekt ResolVe. Dabei wurde Polystyrol (PS) in einem Brabender-Doppelschneckenextruder bei 1.200 U/min und Zylindertemperaturen von 350 bis 600 °C thermisch zerlegt und depolymerisiert. Dunkel gefärbtes Styrolöl-Kondensat entstand. Über zwei Entgasungszonen wurde der flüchtige Stoff mit bis zu 800 mbar Unterdruck extrahiert und im Labor der Neue Materialien Bayreuth (NMB) zu reinem, hellen Styrolmonomer destilliert. Gegenüber PET-Verunreinigungen zeigt sich der Prozess als empfindlich, kaum jedoch gegen Polyolefin-Anteilen bis 10 %.

Viele Ansätze für chemisches Recycling

Indaver in Anwerpen erzeugt im „Plastics2Chemicals“-Verfahren (P2C) diverse Kunststoff-Ausgangsstoffe: Naphtha (auch „Rohbenzin“ genannt), Wachse aus Polyolefinen (PE, PP), Styrolmonomere aus PS sowie eine ABS-Variante (Acrylnitril-Butadien-Styrol-Copolymere) mit recyceltem Styrolmonomer. Letzteres ABrS soll eine um bis zu 30 % bessere Treibhausgas-Ökobilanz aufweisen.

Es gibt noch eine Reihe weiterer Lösungsansätze. Systeme von Agilyx (USA) etwa verwerten Styrolmonomere aus PS-Abfall, PE, PP sowie Rohöl aus gemischtem Kunststoffabfall. Auch Arcus Greencycling aus Deutschland bietet Systeme zum chemischen Verwerten gemischter Kunststoffe an, unter anderem aus Medizintechnik-Teilen.

BASF arbeitet mit Verpackungshersteller Alpla und Henkel zusammen und nutzt „Chemcycling“ über Pyrolyse-Öl, um gemischten Kunststoffabfall in die Produktion von HDPE-Flaschen münden zu lassen. Auf der Messe K2019 wurde als Prototyp eine „Perwoll“-Flasche aus rHDPE gezeigt.

2023 gehen große Anlagen in Betrieb

Die Polystyrol-Hersteller Trinseo und Ineos planen chemische Recyclinganlagen, um flüssige Styrolmonomere aus PS-Verpackungsabfall zu gewinnen. Ineos will noch 2022 eine Pilotanlage in Großbritannien errichten, die die Wirbelschichtreaktor-Technologie von Recycling Technologies (GB) einsetzt.

2023 sollen außerdem PS-Recyclinganlagen von Ineos in Wingles (Frankreich) und von Trinseo in Tessenderlo (Belgien) in Betrieb gehen und je 15.000 t/a Styrolmonomer aus PS-Abfall produzieren. Hintergrund: Trinseo, Ineos sowie Versalis fingen 2020 an, kleine dezentrale katalytische Mikrowellen-Depolymerisationseinheiten von Pyrowave (Kanada) zu evaluieren. Diese lassen sich nahe Sortieranlagen installieren, wo der zu recycelnde PS-Abfall anfällt.

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